Not macht bekanntlich erfinderisch. Das gilt auch für Simon Sailer, einen österreichischen Konditor und Bäcker aus Mauerkirchen. Im zwölf Kilometer südöstlich von Braunau am Inn gelegenen Ort hat sein Großvater 1961 die Bäckerei und Konditorei Sailer gegründet. Zu dem am Marktplatz gelegenen Betrieb, den inzwischen die Eltern führen, gehört auch ein Caféhaus. Zu Beginn der Corona-Pandemie verloren die Sailers neben den Umsätzen im Caféhaus auch die Einnahmen aus dem Geschäft mit den Gastronomie-Kunden. Deren Cafés und Restaurants mussten vorübergehend schließen. In zahlreichen Ländern gehörte Klopapier zu dieser Zeit zu den am heißesten begehrten Produkten in den Supermärkten. Die Witze rund um Hamsterkäufe brachten den 25-jährigen Simon zusammen mit einem Konditor der Bäckerei Sailer auf eine geniale Idee: die Klopapiertorte!
Innen lecker gefüllt in den Sorten „Sacher“ und „Punsch“, außen dank einer dünnen Marzipanschicht wie eine Rolle Klopapier geformt. Sogar das Loch in der Mitte und ein leicht abstehendes Stück zum Zupfen fehlten nicht. Erhältlich war sie in den Farben weiß, rot und blau. Die leckere und humorvolle Torte kam bei den Kunden sehr gut an. Und sie sorgte in den regionalen und überregionalen Medien für positive Berichterstattung.
Während der Pandemie konnten die treuen Kunden der Bäckerei, neben der Klopapiertorte, natürlich auch das ganze Sortiment genießen. „Neben Hauszustellungen im Ort haben wir auch einen Frühstückslieferservice angeboten, der sehr gut angenommen wurde“, berichtet Simon Sailer.
Um Kurzarbeit kam der rund 60 Mitarbeiter starke Familienbetrieb – wie so viele andere in dieser Zeit – zwar nicht herum, aber er konnte so zumindest einen Teil der Einbußen auf kreative Weise wettmachen.
Vom Sandkasten in Mauerkirchen in die Backstube in Fukuoka
Gearbeitet wird bei den Sailers unter anderem mit der Teigausrollmaschine ROLLFIX plus. „Die läuft bei uns im Dauerbetrieb“, sagt Simon schmunzelnd. In Kombination mit der im März dieses Jahres angeschafften MULTIFLEX L 700 ergeben sich für den Betrieb viele neue und vielseitige Möglichkeiten. Dank spezialisierter Zusatzgeräte können sie die Anlage für fast jedes ihrer Gebäcke im Sortiment nutzen. Für die beliebten Knoblauchstangerl ist das zum Beispiel der Vakuumwickler CSV compact. Das leichte Produkt wird aus dünnem Teig, der trapezförmig geschnitten wird, sowie mit Knoblauchbutter hergestellt.
Die Kombination aus Stanzen und Wickeln ermöglicht auch die reibungslose Produktion der regionalen Spezialität „Braunauer Kipferl“, die mit Marzipan gefüllt und mit Mandeln bestreut werden.
Dass man aus Teig die köstlichsten Sachen zubereiten kann, lernt Simon in der elterlichen Bäckerei und Konditorei von Kindesbeinen an. „Während andere Kinder im Sandkasten spielten, haben mein Bruder und ich mit Mehl und Teig kleine Produkte geformt. Mit Sandförmchen gemachte Kuchen kann man nicht essen. Unsere ersten Backversuche konnten wir dagegen verschenken und anderen eine Freude machen“, berichtet Simon von seinen ersten Erfahrungen in der Backstube.
Die Berufswahl war für beide Jungs eine freie sowie sehr naheliegende Entscheidung. Nach der Schule geht Simon zunächst nach Salzburg zum „Tortenmacher“ und lässt sich in drei Jahren zum Konditor ausbilden.
Im Anschluss lernt er ein Jahr lang im elterlichen Betrieb alles, was ein Bäcker können muss. So gewappnet geht er 2019 für ein halbes Jahr nach Fukuoka in Japan, wo sein Onkel 1994 eine Bäckerei und Konditorei gegründet hat.
Heute beschäftigt sein Onkel Adolf Sailer in der im Süden Japans gelegenen Stadt rund 90 Mitarbeiter. Neben typisch österreichischen Produkten produziert er dort Gebäcke mit exotischen Füllungen wie Feigen, Chili, Matcha (zermahlener Grüntee) oder Süßbohnen.
Snacks erfreuen sich im Land der aufgehenden Sonne besonderer Beliebtheit – ein Umstand, der Simon noch von Nutzen sein wird. „Japanische Kunden legen größten Wert auf Genauigkeit und Sauberkeit bei den Produkten. Das spiegelt sich auch in der Arbeitsmentalität wider, denn die Mitarbeiter halten sich an exakte Pläne und erwarten genaue Vorgaben für ihre Tätigkeiten“, berichtet Simon über seine Erfahrungen.
„Die Arbeitsgeschwindigkeit ist hoch, trotzdem wird sehr exakt gearbeitet. Zwölf-Stunden und mehr am Tag zu arbeiten und nur zehn Tage Urlaub im Jahr zu haben, das ist ein großer Unterschied von einer japanischen zur österreichischen Backstube, in der ich aufgewachsen bin.“, sagt Simon über die Arbeitswelt in Japan.
Mit der Goldmedaille zu neuen Produkten
Sein Erlebnis während der Corona-Krise, mit Kreativität erfolgreich zu sein, sowie die in Japan gemachten Erfahrungen kommen Simon bei seiner nächsten Herausforderung zugute.
Angeregt durch seinen Lehrer Erwin Heftberger von der Meisterschule in Wels bereitet er sich unter dessen Anleitung auf die „EuroSkills 2020“ vor. Diese Berufseuropameisterschaften werden alle zwei Jahre in rund 45 Berufen ausgetragen.
„Das Problem bei der Produktion mit einer Maschine liegt darin, dass die Butter schnell schmiert und die Anlage verunreinigt. Mit dem CSV compact, den wir in der FRITSCH Bakery World entdeckt haben, gelingt die Herstellung so gut wie sonst nur von Hand.“
Simon Sailer über die Herausforderungen bei der Gebäckproduktion
Simon Sailer bei den EuroSkills 2020
- Simon Bühne
- Simon Opa
- Simon und Bundespräsident
- Simon Flagge 2
- Simon Wettbewerb
- Simon Wettbewerb Publikum
Im Sommer 2021 ist es dann so weit. In dem viertägigen Wettbewerb erfahren die Teilnehmer erst am ersten Wettbewerbstag ihre Aufgaben. Wie gut, dass Simon auf alles vorbereitet ist. Mal soll er ein vorgegebenes Produkt in einer bestimmten Zeit herstellen, mal aus einer vorgegebenen Liste mit zwölf Zutaten ein Produkt aus mindestens sieben Zutaten dieser Liste backen. Bis zum letzten Tag ist es ein enges Rennen, doch am Ende entscheidet es Simon mit perfekt gestalteten Snacks für sich – und gewinnt die Goldmedaille.
Vier Produkte, die Simon bei den „EuroSkills“ entwickelt hat, finden sich heute auch in der Auslage der Bäckerei Sailer: Croissants mit verschiedenen Farben und Füllungen, ein rustikales Baguette, Früchtebrot mit Haselnüssen und Walnüssen sowie gefärbte Brioches.
Auf diese Weise können sich die Kunden Simons Erfolg auf der Zunge zergehen lassen.